Die Bedeutung von Marken für Kinder wird von Markenartiklern immer noch unterschätzt
Bei der Investition in brand awareness haben Markenartikler nach wie vor ihre erwachsene Klientel im Blick. Schließlich sind sie diejenigen, die sich für oder gegen den Kauf einer Marke entscheiden. Nachrangig werden hingegen Kinder bei der Allokation der Markenbudgets eingestuft. Völlig zu unrecht, wie unsere jüngst vorgestellte Studie Marken-Kinder 2018 zeigt.
Kinder in den unterschiedlichen Altersstufen nehmen Marken und Markenimages sehr bewusst wahr und betrachten sie als Teil ihrer Identität und Identitätsbildung. Besonders wichtig ist für Kinder der Kauf von Markenartikeln in den Kategorien Kleidung - dazu zählen auch insbesondere Schuhe -, Spielzeug und Handys. Lego und Playmobil schaffen es bei den jüngeren Kindern (6 - 10 Jahre) sogar zu einer eigenen Kategorie; Adidas bei den älteren Kindern von 11 - 14 Jahren.
Die Bedeutung des Fernsehens als Einzelmedium nimmt bei Kindern deutlich ab
Zur effizienten Allokation von Marketingbudgets auf unterschiedliche Zielgruppen gehört auch die richtige Auswahl des Werbeträgers. Hier zeigt sich Erstaunliches: War das Fernsehen bei Kindern 2017 noch die wichtigste Quelle der Markenkenntnis, wandelt sich das Bild nun deutlich. Sobald Kinder Zugang zum Internet haben, überholt das Internet in seiner Bedeutung alle anderen Medien rasant und liegt mit über 75% bei den 14jährigen Kindern an erster Stelle. Erreichte das Fernsehen diesen Wert noch 2017 kommt es 2018 nur noch auf etwas über 25%!
Klar ist: die Medienkonvergenz sorgt für ein - bei Kindern schon als selbstverständlich gelerntes - Verschmelzen der einzelnen Kanäle.
Klar ist aber auch, dass eine Mediaplanung, die in einzelnen Kanälen denkt und plant, die junge Generation nicht mehr effizient erreicht. Markenführung muss daher auch immer die technischen und sozialen Aspekte der Medienkonvergenz mitdenken.
Freunde sind die wichtigsten Influencer
Auf einem gleich hohen Niveau wie das Internet tragen „Freunde“ zum Kennenlernen von Marken bei - jedenfalls bei älteren Kindern und Jugendlichen. Die „Markensozialisation“ findet im persönlichen Umfeld also stark über die Referenzpunkte „Freunde“ statt und dann mit zunehmenden Alter auch über die Sozialen Medien - als virtuelle Variante zum Freundeskreis.
Ältere Kinder und Jugendliche befinden sich in einer Zeit des „Rollen-Experimentierens“. Sie stehen vor der riesigen Herausforderung, ihre eigene Identität und Rolle innerhalb der Gesellschaft selbst zu konstruieren, und das erfordert eine oft mühsame Auswahl an aus zahlreichen Möglichkeiten. Identität muss aber immer zweiseitig gesehen werden: die individuelle Identität ist auch immer durch eine Gruppenidentität bestimmt, so dass Identität immer eine wechselseitige Beziehung ausdrückt.
Marken spielen bei der Sozialisation eine herausragende Rolle. Durch Marken bestimmen Kinder und Jugendliche ihre eigene Identität und fühlen sich einer Gruppe zugehörig. Markenverantwortliche sollten diese Zusammenhänge bei der Entwicklung einer Markenstrategie berücksichtigen und sich fragen, welchen Beitrag ihre Marke zur Identitätsbildung von Kindern und Jugendlichen leistet und durch welche Mechanik sie die Brand awareness in sozialen Gruppen steigern können. Blogger, Vlogger, Influencer, Youtuber, Live Kommunikation, Facebook Ads sind nur einige Bausteine einer zielführenden Marketingstrategie.
Wem vertrauen Eltern beim Lebensmittelkauf?
Neben der Einstellung zu Marken von Eltern und Kindern analysiert die Studie insbesondere die Bekanntheit, Sympathie und Imageprofile in den Bereichen Lebensmittel und Banken.
Der Kauf von Lebensmitteln ist immer Vertrauenssache. Doch wem Vertrauen Eltern wenn es um die Qualität von Lebensmitteln geht? Führende Institution beim Vertrauensaufbau in die Qualität von Lebensmitteln sind Testberichte (Stiftung Warentest, Ökotest). Dies ist Vertrauen in so genannte „abstrakte Systeme“, die nicht auf face-to-face-Interaktion beruht, sondern auf Reputation.
Danach entsteht Vertrauen aber v.a. durch Bindungen in lokalen Gemeinschaften (Handwerksbetriebe (Bäcker, Metzger), lokale Anbieter, Landwirte/Bauern, Freunde/Bekannte).
Vertrauen in die Qualität von Lebensmitteln entsteht also in lokalen Gemeinschaften durch gesichtsabhängige Bindungen. Marken haben hingegen eine untergeordnete Bedeutung. Auch soziale Netzwerke im Internet (= gesichtsunabhängige Bindungen) haben nicht die gleiche Vertrauensrelevanz wie lokale, soziale Netzwerke. Das Learning für regionale Lebensmittelproduzenten besteht also darin, über Regionalität und lokale Netzwerke Vertrauen und Bindung zum Kunden herzustellen und Regionalität und Gemeinschaft zum wesentlichen Asset zu machen.
Für überregionale Lebensmittelproduzenten besteht das Learning darin, die Begriffe, die als Synonym für lokale Gemeinschaften stehen - also Handwerk, persönliche Beziehungen, Gemeinschaft, Tradition - kommunikativ auszuloben und sich so zu positionieren.
Hohe Bekanntheit von Marken im Lebensmitteleinzelhandel, aber nur geringe Markensympathie und Familienfreundlichkeit
Das gestützte awareness set im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) besteht aus einer Vielzahl von Marken. Acht Marken im LEH weisen eine Bekanntheit von mehr als 75% auf; bei Kindern ist die gestützte Markenbekanntheit naturgemäß nicht ganz so stark ausgeprägt, dennoch erreichen fünf Marken des LEH mehr als 50% gestützte Markenbekanntheit bei Kindern.
Die Sympathiewerte der Marken im LEH korrespondieren allerdings nicht mit denen der Bekanntheit: lediglich Aldi und Lidl werden von rd. 30% der Eltern als „sehr gut“ eingestuft. Alle anderen Markenwerden von lediglich rund 20% der Eltern als „sehr gut“ eingestuft. Nicht weiter verwunderlich, werden Familien vom LEH offensichtlich nicht als relevante Zielgruppe eingestuft. Lediglich vier Marken (real, Kaufland, Rewe und Edeka) gruppieren sich um den Wert von 10%, wenn es um die Frage nach der Familienfreundlichkeit von Marken im FEH geht.
Die Positionierung der Marken des LEH erfolgt hingegen hauptsächlich über die Kategorie Preis. Sicher ist ein günstiger Preis ein Kriterium für Familienfreundlichkeit, aber drückt sich Familienfreundlichkeit ausschließlich über den Preis aus? Schöpft der LEH sein Marktpotenzial bei Familien gänzlich aus, wenn er sich als preiswert positioniert? Oder positioniert er sich nicht zu stark im Wettbewerb mit anderen Marken des LEH? Eine konsequent familienfreundliche Positionierung böte zweifelsohne Potenzial für eine weitere Marktdurchdringung, gelingt es Eltern doch nur bei der Hälfte abgefragten Marken eine klare Eigenschaft zuzuschreiben. Zu den anderen Marken im LEH haben sie keine klare Assoziation.
Unausgeschöpftes Marktpotenzial auch bei Banken
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Banken: ein awareness set, das im Wesentlichen aus fünf Marken besteht, eine hohe Markenbekanntheit (die Sparkasse ist hier aufgrund der Präsenz in der Fläche bei Eltern und Kindern dominierend), geringe Sympathiewerte und ein diffuses Markenbild. Mehr noch: Den Befragten fällt es schwer, den Banken ein klares Markenbild zuzuschreiben. Die dominante Eigenschaftsausprägung auf die Frage, was Eltern und Kinder mit der Marke verbinden, lautet: „weiß nicht“ oder „keine „Angabe“. Es ist weder Eltern noch Kindern klar, wofür die marken im Bankensegment stehen.
Für Familienfreundlichkeit jedenfalls nicht. Lediglich vier Banken (Sparkasse, Volksbank, Sparda Bank und Commerzbank erreichen bei den Eltern (niedrige) Werte in der Eigenschaftsdimension „familienfreundlich“ zwischen 2,5 und 9%. Dabei sind Banken Dienstleister für Familien per excellence: Man denke hier nur an die spezifischen Bedürfnisse von Familien bei Vermögensaufbau, Hausfinanzierung, Versicherungen, Kredite u.v.a.m. Banken verschenken hier ein erhebliches Marktpotenzial!
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